Franziska von Hohenheim - Die tapfere Frau an der Seite Carl Eugens by Utta Keppler

Franziska von Hohenheim - Die tapfere Frau an der Seite Carl Eugens by Utta Keppler

Autor:Utta Keppler [Keppler, Utta]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: SAGA Egmont
veröffentlicht: 2017-07-06T00:00:00+00:00


Schiller

Im Herbst 1780 sollte Webers erstes Kind geboren werden. Erst vor drei Jahren hatte er auf seine Kornwestheimer Stelle heiraten können. Seine Emma war nun sechsunddreißig und ein wenig füllig, schon vor der Schwangerschaft. Im geräumigen Haus hatte sie viel zu putzen, zumal sich der Lehrer als umständlich und doch nicht in ihrem haushälterischen Sinn als ordentlich erwies; sie werkte hinter ihm her, mäkelte gelegentlich und machte es dem Geduldigen nicht immer leicht.

Als dann die Geburt näherrückte und Weber, rastloser als seine Frau, frühzeitig schon nach Hebamme und Doktor lief und zappelig wurde, als sie nicht gleich kamen, da vertrug sie ihn nicht mehr um sich. Das naive Gefrage und besorgte Schauen plagte sie mehr als das noch unbekannte Erlebnis der Niederkunft. Und als die Wehen stärker einsetzten, schickte sie ihn energisch fort. Indessen hatte sich die Hebamme eingefunden und breit auf einen Sessel ans Bett gesetzt.

„Du solltest mich mit der Frau allein lassen“, sagte Emma ruhig, „die wird den Arzt schon holen, wenn es not tut; und die Hahnschen sind ja auch in der Nähe, die helfen immer gern.“

Im Grunde war der Lehrer froh, daß er der unbehaglichen Atmosphäre entgehen konnte; und weil der Oktobertag so blau und klar und frisch war, schritt er zielstrebig dem Wald zu. Das erstemal könnte es lange dauern, hatte ihm die Hebamme nachgerufen, acht Stunden seien das mindeste.

Es war Morgen, Weber hatte sich einiges Eßbare eingesteckt und dachte zufrieden daran, daß es ein Sonntag war, an dem sein Sohn geboren werden sollte; denn ein Sohn mußte es sein, und Hahn hatte die Patenschaft übernommen.

Vier Stunden später war der Lehrer noch immer unterwegs. Es hatte ihn auf die Stuttgarter Höhen getrieben, und er schaute auf das Tal hinunter, wo sich weit hinten die Türme der Stiftskirche und des Schlosses abzeichneten. Vor ihm lagen helle Lichtstreifen auf dem Boden, züngelten im gelben Laub und ließen die roten Buchenblätter aufglühen. Die Stämme standen grau am Rand der Lichtung, als er einbog. Er schämte sich ein wenig, daß er so weit gegangen war, während sich seine Frau vielleicht in Schmerzen krümmte und nach ihm verlangte. Er wollte jetzt schleunigst nach Hause wandern und hoffte einem Wagen zu begegnen, der in die Kornwestheimer Gegend fuhr. Freilich, hier am Wald gab es keine Straße, er mußte abkürzen und ein Stück quer durchs Gehölz wandern. Aber er verlief sich, suchte hastig und aufgeregt wieder seine Richtung – da hörte er plötzlich, während er sich im Stehen den Schweiß von der Stirn wischte, ein rollendes Stimmengedonner hinter einem Busch. Er bückte sich, um vorsichtig heranzuschleichen. Vor ihm standen und saßen ein paar junge Leute in der Uniform der Militärakademie um einen aufgeschossenen Jüngling, der ihnen vorlas, dröhnend, keuchend, heiser fistelnd …

Weber sah ihn die Arme hochwerfen und mit dem Fuß aufstampfen. Indessen hockte er gebannt hinter seinem Strauch und spitzte die Ohren bei den Worten: „… wie man Handschriften nachmacht, Würfel verdreht, Schlösser aufbricht und den Koffern das Eingeweid’ ausschüttet.“

„Als wären’s Diebe!“ murmelte Weber entsetzt, „oder leibhaftige Räuber!“ Er schaute wieder hin, dachte an seine Emma in ihrer Not – aber die Szene ließ ihn nicht los.



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